...die wollten beim Troisdorf Open mitspielen. In der 3. Runde waren's nur noch drei. Naja, zum Glück nicht ganz. Peter hat sich noch nicht vollständig erholt und deswegen tatsächlich komplett zurückgezogen, ohne eine einzige Partie absolviert zu haben. Echt dumm gelaufen, weiterhin gute Genesung! Unser verbleibendes Sextett brachte in Runde 3 dann jedoch tatsächlich das Kunststück fertig, an drei von insgesamt sieben kampflos entschiedenen Partien des Spieltags beteiligt zu sein. Siebenmal "kampflos" bei insgesamt 32 angesetzten Paarungen ist schon heftig - die Erkältungszeit hat ganz offensichtlich mit Macht begonnen.

Harald hatte sich in Runde 2 anscheinend zu früh wieder "rausgewagt". Entweder hat er danach einen Rückfall durch "seine" Bakterien oder Viren erlitten oder sein noch geschwächtes Immunsystem wurde umgehend von einer Angriffswelle "neuer" Keime überrannt. Jedenfalls mußte er sein Kommen absagen. Bei Silas war es "höhere Gewalt" in Gestalt seiner Mutter, welche kurzfristig umdisponiert hatte und ihren Geburtstag doch nicht nachfeiern wollte. Da mußte der Sohnemann leider die dritte Niederlage in Serie - diesmal kampflos - quittieren. Lukas gewann demgegenüber kampflos, weil sein Gegner kurzfristig krank darnieder lag, was Lukas weniger begeisterte. Er will schließlich nur spielen.

Einer der drei verbliebenen Hennefer, die sich tatsächlich noch mit einem Kontrahenten duellieren durften, war Suad. Er hatte seinen Stift vergessen – nach Ansicht von Martin der erste Fehler und das noch vor Beginn der Partie – und dachte zudem, er hätte die schwarzen Steine, da er in der Runde zuvor Weiß gehabt hatte. Ein etwas genauerer Blick auf die Auslosung wäre da hinsichtlich der Eröffnungsvorbereitung sicher zuträglicher gewesen. Vom Doktortitel seines Gegners war Suad eigener Aussage zufolge nicht beeindruckt, wohl aber ein wenig von dessen nomineller Spielstärke. Wieder bekam Suad nicht die gewünschte Eröffnung aufs Brett und so war ihm ob der Züge seines Gegenübers zunächst doch ein wenig mulmig zumute. Er dachte, sein Gegner verfolge einen Plan, den er vermutlich mangels ausreichender Spielstärke nicht verstünde. Nach und nach reifte dann bei Suad jedoch die Erkenntnis, daß sein Kontrahent möglicherweise doch nicht so genial wäre und sich einfach etwas positionellen Quark zusammenspielte, wie er es nonchalant ausdrückte. Schon nach 17 Zügen bot Suads Gegner zu dessen Überraschung das Remis an und Suad griff nach kurzer Überlegung beherzt zu. Sein Kontrahent hatte, wie sich im Nachgang herausstellte, Suads Partien aus den vorherigen Runden analysiert und ob dessen gezeigter Spielweise ein wenig Muffensausen bekommen. Da Suad zu jenem Zeitpunkt nach Analyse der Engine bereits besser stand (die beste Fortsetzung jedoch nicht gefunden hätte, wie Suad unumwunden zugab), wollte er das Verlustrisiko minimieren. Suad wiederum befürchtete, er könne sich bei Fortsetzung der Partie genausogut noch um die Früchte seines bisherigen Spiels bringen und ein Remis gegen einen Gegner mit über 350 Punkten besserem Rating stünde ihm hinsichtlich seiner Ambitionen sicher nicht schlecht zu Gesicht. In Runde 4 wartet nun ein Gegner auf Suad, der sogar eine über 600 Punkte bessere Wertung aufweist. Der Weg zu den Sternen ist halt mit harten Prüfungen gepflastert. Bis hierhin jedenfalls kann Suad mit seiner gezeigten Leistung beim Troisdorf Open zufrieden sein (und ist es auch) und in der kommenden Runde kann er dann ganz befreit aufspielen. Zu verlieren hat er schließlich nichts. Suad kann nur gewinnen - und sei es schlimmstenfalls auch nur an Erfahrung.

Diese luxuriöse Ausgangslage hat Martin schon lange nicht mehr. Nach dem bitteren Remis in Runde 2 wollte er diesmal unbedingt einen Sieg einfahren, um den Anschluß an die Tabellenspitze nicht zu verlieren. Da er wußte, daß sein Gegner eigentlich stets mit d4 beginnt, bereitete Martin das äußerst aggressive Wolga-Benkö-Gambit vor. Sein Kontrahent tat ihm auch prompt den Gefallen und ging darauf ein, wonach Martin seine Vorbereitung vollumfänglich ausspielen konnte. Bis zum 13. Zug folgten beide der Eröffnungsdatenbank, dann wich Martin als erster ab. Obwohl auch sein Opponent immer einen der theoretisch besten Züge fand, konnte Martin sich solchermaßen doch wenigstens einen beträchtlichen Vorteil auf der Uhr verschaffen. 

Im 19. Zug sollte er dann die erste von insgesamt nur zwei Chancen in der gesamten Partie bekommen, ernsthaft in Vorteil zu gelangen. Martin wollte die b-Linie nicht durch Weglenkung des dortigen Bauern öffnen, sondern durch Schlagen desselben. Anders herum wäre besser gewesen. Drei Züge später öffnete sich die Tür zum Schwarzsieg bereits zum letzten Mal in dieser Begegnung einen Spalt breit. Sollte Martin den b-Bauern zurückgewinnen, indem er mit dem Turm oder mit dem Läufer schlägt? Nimmt der Turm, befürchtete Martin in temporärer geistiger Umnachtung ein Mattproblem für seinen König oder den Verlust seines Läufers - und schlug deswegen mit dem Läufer. Dahin war nun jeglicher Vorteil. Im 30. Zug bot Martins Kontrahent Remis an, welches Martin nach zehn Minuten angestrengten Nachdenkens ausschlug. Zwar sah er die Gefahr, daß der weiße König eindringen würde können, doch hatte er kalkuliert, dass die Position für den Moment zu halten sein würde und im Endspiel sollte sein gedeckter c-Freibauer dem entfernten Freibauern seines Gegners auf a überlegen sein, was langfristig Chancen auf den Sieg geboten hätte. Die Engine wies in der Nachbetrachtung hingegen bereits Vorteil für Weiß aus, denn tatsächlich sollte Martin in der Folge zur Passivität verdammt sein. Als unser Jugendwart dessen vier Züge später gewahr wurde, hatte er wenigstens das Glück, daß die Zeit seines Gegners bereits bis auf wenige Sekunden abgelaufen war und so bot er seinerseits im 38. Zug – und damit kurz vor der Zeitkontrolle – die Punkteteilung an. Dies nahm seinem Kontrahenten die Gelegenheit, zwei Züge später mit neu "aufgefüllter" Bedenkzeit ernsthaft über die Stellung nachzudenken und eventuell noch einen Gewinnplan zu finden. Der nächste Nackenschlag für die Ambitionen unseres Aushängeschildes bei diesem Open, aber besser clever ein Remis gesichert als am Ende gar noch zu verlieren. In der 4. Runde kommt es daher - für beide Beteiligten leider, möchte man konstatieren - zum nächsten Hennefer Vereinsduell. Lukas ist schon wieder betroffen und wird dann die undankbare Aufgabe vorgesetzt bekommen, sich mit den schwarzen Steinen der Angriffsbemühungen seines Trainers erwehren zu müssen. Wird sicher mega spannend.

Damit bleibt noch, über mein eigenes Abschneiden zu berichten. Mit Weiß baute ich mich mit einem Doppelfianchetto auf, mein Gegner wählte dagegen einen altindischen Aufbau. Im Ergebnis meckerte die Engine über die weitere Eröffnung bis hinein ins Mittelspiel, daß ich den Bauernvorstoß nach e4 unterließ (um mir den Läufer auf g2 nicht zu verstellen und schwarze Aktivitäten am Damenflügel zu stören) bzw. mein Kontrahent analog auf d5 verzichtete. Er hopste stattdessen in ausgedehnten Manövern mit seinen Springern am Königsflügel herum, ohne groß etwas zu bewirken. Okay, ich mußte meine Leichtfiguren um meinen Monarchen scharen, aber dies war ohnehin beabsichtigt, um zu gegebener Zeit im Zentrum und am Königsflügel vorzurücken. Ich suchte nach entsprechender Vorbereitung endlich mit d4 den meinerseits angestrebten Raumgewinn und die Erwiderung d5 sollte nach einem inkorrekten Läufer-Teilrückzug des Schwarzen letztlich eben jenen d5-Bauern kosten. Nach 27. e4 hatte ich plötzlich ein Idealzentrum (d4 & e4), die Engine war auch endlich happy. Anstatt aber nun einfach weiter den Druck zu verstärken, meinte ich, den schwarzen Läufer auf f6 mittels des Bauernzugs nach e5 final einsperren und erobern zu können. Leider hatte ich übersehen, daß ein Zurückschlagen mit dem d-Bauern an einer gerade noch rechtzeitig erfolgten Fesselung meiner Dame scheitern würde. Ich hatte reflexhaft zu schnell gezogen und dadurch mal wieder einzügig eine Gewinn- in eine Verluststellung transferiert. In den folgenden Zügen konterten beide Seiten die Patzer des Gegners mit eigenen vergleichbarer Güte. Allerdings sollte hierbei Berücksichtigung finden, daß beide Seiten nun bereits in arger zeitlicher Bedrängnis agierten. Ich spielte bewußt optisch kraftvoll und ritt mich doch immer tiefer in die Tinte. Mein Gegner hatte bereits mit dem 19. und nochmals mit dem 30. Zug Remis geboten - und beim zweiten Mal stand er objektiv gesehen bereits besser. Bevor ich es wie Martin machte und mit meinem 33. Zug nun meinerseits die Punkteteilung anbot, hatte mein Kontrahent sein verbleibendes Zeitkontingent auf unter 4 Minuten gedrückt, ich hatte aber auch nur noch knapp 7 Minuten. Oberflächlich sah meine Stellung noch voller Chancen aus, doch das Urteil der Engine in der Analyse war vernichtend. Schwarz stand glasklar auf Gewinn - war aber augenscheinlich glücklich über meine Remisofferte und schlug ohne viel nachzudenken umgehend ein. Da dürfte sich mittlerweile jemand schwer ärgern, schätze ich.

In der Gesamtschau hatten die drei Hennefer, deren Gegner zum Kampf angetreten waren, letztlich allesamt jeden Grund, sich über ihr jeweiliges Unentschieden zu freuen. Suad, weil er nicht nachweisen mußte, daß er seinen Stellungsvorteil gegen einen nominell besseren Kontrahenten bis ins Ziel würde bringen können. Martin und ich, weil wir beide unsere jeweiligen Gegner in Zeitnot überzeugend davon hatten abbringen können, ihre jeweils vorteilhafte Position nach der Zeitkontrolle in einen vollen Punkt ummünzen zu wollen. Mal sehen, wer in Runde 4 alles am Brett erscheint und wie es unserer Truppe dann ergehen wird. Wir stehen vor Aufgaben mit ziemlich weit gestreuten Erfolgsaussichten. Von abgestuftem "alles ist möglich" (Martin, Lukas, Frank, Harald und Silas) bis "Himmel hilf" (Suad). Bekanntermaßen jedoch steht es an jedem Brett zu Beginn grundsätzlich immer "nur" unentschieden.


Frank Feig